Was Sie über die Rechtsanwaltschaft wissen sollten
Das Bild vom Rechtsanwalt, das mancher Bürger hat, ist häufig von Film- oder Pressedarstellungen eines Verteidigers in spektakulären Strafprozessen geprägt. Sie wissen sicherlich, dass die Mehrzahl der mehr als 30.000 Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen bei der täglichen Arbeit nicht in Strafsachen, sondern in Zivilsachen tätig ist – übrigens ist das bei Richtern nicht anders.
Möchten Sie mehr über Rechtsanwälte – von denen übrigens rund ein Viertel Anwältinnen sind – erfahren?
Allgemeines
- Rechtsanwälte sind ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (§1 Bundesrechtsanwaltsordnung)
- Sie üben einen freien, nicht gewerblichen Beruf aus und unterliegen der Standesaufsicht durch die zuständige Rechtsanwaltskammer. Eine Dienstaufsicht durch die Justizbehörden besteht nicht
- Ihr berufliches Handeln wird nur durch die Interessen ihrer Mandanten und die Berufsordnung bestimmt
- Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Rechtsanwälte werden im Land Nordrhein-Westfalen von der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Sie haben die Befähigung zum Richteramt, nachdem sie dieselbe Ausbildung wie Richter oder Staatsanwälte durchlaufen haben. Sie haben grundsätzlich am Ort des Gerichts, bei dem sie zugelassen sind, eine Kanzlei einzurichten (Kanzleipflicht).
Aufgaben der Rechtsanwaltschaft
Die zugelassenen Rechtsanwälte sind zur umfassenden Beratung sowie zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten berufen. Jeder Bürger ist berechtigt, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt beraten und vor Gerichten, Behörden oder Schiedsgerichten vertreten zu lassen. Den Rechtsanwalt seines Vertrauens kann er frei wählen.
Pflichten der Rechtsanwaltschaft
Mit der Zulassung werden für die Rechtsanwälte nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begründet, so vor allem die Pflicht zur Wahrung seiner Unabhängigkeit und Verschwiegenheit, zur gewissenhaften Berufsausübung, zur Übernahme der Beratung oder Prozessvertretung nach den Beratungs- oder Prozesskostenhilfegesetzen, zur Mandatsübernahme bei Bestellung zum Pflichtverteidiger, zur Ablehnung eines Mandats, falls Berufspflichten verletzt würden (z.B. Beratung von Prozessgegnern des eigenen Mandanten = sog. Parteiverrat).
Vertragsverhältnis
Die Rechtsanwaltschaft wird aufgrund eines zivilrechtlichen, jederzeit von beiden Parteien kündbaren Dienstvertrages für den Mandanten tätig. Hierzu wird eine Vollmacht des Mandanten benötigt, die im Regelfall auch das Recht zur Prozessvertretung und zu Maßnahmen der Zwangsvollstreckung umfasst.
Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Tätigkeit erst nach Zahlung eines angemessenen Vorschusses aufzunehmen. Für vom Gericht beigeordnete Rechtsanwälte (z.B. Pflichtverteidiger) gelten abweichende Bestimmungen. Übrigens: Rechtsanwälte sind auch Menschen. Ihnen kann bei ihrer häufig schwierigen Arbeit ein Fehler unterlaufen; hiergegen sind alle Rechtsanwälte versichert (Berufshaftpflichtversicherung).
Anwaltszwang
In machen Prozessen müssen die Bürger sich durch Rechtsanwälte vertreten lassen. Der Anwaltszwang wird in den Prozessordnungen geregelt, er besteht zum Beispiel
- in der Zivilprozessordnung (ZPO) für Zivilsachen vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten oder dem Bundesgerichtshof sowie in Familiensachen vor den Amtsgerichten (z.B. Ehescheidung und Folgesachen, wie Unterhalt, Sorgerecht für Kinder),
- in der Strafprozessordnung (StPO) für die Fälle der notwendigen Verteidigung (z.B. die zur Last gelegte Tat ist mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht).
Der Anwaltszwang ist kein Selbstzweck. Der sachkundige Rat der Rechtsanwälte soll die Bürger in schwierigen oder bedeutsamen Rechtssachen von Fehlentscheidungen bewahren und darüber hinaus die Arbeit der Gerichte fördern.
Berufsrecht und Berufsaufsicht
Die Rechtsanwälte sind an bestimmte berufsrechtliche Pflichten gebunden, die in einer Berufsordnung festgelegt sind. Die Erfüllung dieser Pflichten überwacht der Vorstand der für den Zulassungsort zuständigen Rechtsanwaltskammer.
Die Rechtsanwaltskammer erteilt auf Anfrage auch Auskünfte und überprüft eingehende Beschwerden. Auf Antrag haben sie bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern zu vermitteln. Bei Streitigkeiten, die sich auf die Vergütung beziehen, findet eine Überprüfung durch die Rechtsanwaltskammer grundsätzlich nicht statt. Bei einer Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen einer Verletzung des Anwaltsdienstvertrages können die Rechtsanwaltskammern ebenfalls in der Regel nicht tätig werden. In der Bundesrechtsanwaltsordnung ist bestimmt, welche Maßnahmen (durch den Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder die Anwaltsgerichtsbarkeit) bei berufsrechtswidrigem Verhalten gegen Rechtsanwälte verhängt werden können. Diese reichen von einer Rüge über Geldbußen bis zum Ausschluss aus der Anwaltschaft.
Die Rechtsanwaltskammern:
Für jeden Oberlandesgerichtsbezirk in Nordrhein-Westfalen ist eine Rechtsanwaltskammer eingerichtet. Der für mich zuständige Bezirk ist der Bezirk des OLG Köln:
die Rechtsanwaltskammer Köln, Riehler Straße 30, 50668 Köln, Telefon 0221/973010-0, www.rak-koeln.de
Die Bezeichnung Fachanwalt ist in Deutschland ein einem Rechtsanwalt verliehener Titel, der dem Nachweis dienen soll, auf einem bestimmten Rechtsgebiet über besondere Kenntnisse und Erfahrungen zu verfügen. Die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung wird von der zuständigen Rechtsanwaltskammer verliehen. Zum Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung muss der Rechtsanwalt innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung mindestens drei Jahre als Rechtsanwalt zugelassen sein und nachweisen, auf dem betreffenden Rechtsgebiet über besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen zu verfügen. Ab dem Jahr des Besuches des Fachanwaltskurses muss sich der Rechtsanwalt jährlich auf dem Gebiet der Fachanwaltsbezeichnung fortbilden, indem er mindestens zehn Seminarstunden hörend oder dozierend ableistet oder eine wissenschaftliche Publikation auf dem entsprechenden Fachgebiet veröffentlichen.