BGH: Bevollmächtigung des mitsorgeberechtigten Elternteils

22. Juli 2020

Die gesetzlich gemeinsam sorgeberechtigten Eltern vertreten das minderjährige Kind. Daraus kann sich das Bedürfnis ergeben, einen Elternteil zu autorisieren, elterliche Vertretungsbefugnisse allein wahrzunehmen. Zu diesem Zweck kann eine Vollmacht erteilt werden. Das Grundverhältnis für diese Vollmacht ist regelmäßig das gesetzliche Rechtsverhältnis aus dem fortbestehenden gemeinsamen Sorgerecht. Daraus ergeben sich insbesondere Kontrollbefugnisse und -pflichten und gegebenenfalls auch Mitwirkungspflichten des Elternteils, der die Vollmacht gegeben hat. Eines gesonderten Vertrags zwischen den Eltern bedarf es für das Grundverhältnis nicht. Wenn ein mitsorgeberechtigter Elternteil bevollmächtigt wird und ihm damit eine ausreichend verlässliche Handhabe zur Wahrnehmung der Kindesbelange gegeben wird, muss das Sorgerecht nicht übertragen werden, was andernfalls notwendig wäre. Hierfür ist eine ausreichende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern erforderlich, soweit eine solche auch unter Berücksichtigung des durch die Vollmacht erweiterten Handlungsspielraums des bevollmächtigten Elternteils unerlässlich ist.

 

Az XII ZB 112/19                            Beschluss vom 29.04.2020