BGH: Zu weit gehende Betreuung ok, wenn Bevollmächtigte einverstanden

19. Mai 2016

Wenn der Bevollmächtigte eine eigentlich zu weit gehende Betreuung selbst anregt, dann bestehen dagegen keine
Bedenken mehr aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (BGH, Beschluss vom 03.02.2016 – XII ZB 307 /15, XII ZB 454/15).
Die an Demenz erkrankte Betroffene hatte ihrer Tochter eine schriftliche Vorsorgevollmacht erteilt. Die Tochter wollte ein
Hausgrundstück veräußern, um die anfallenden Kosten zu decken. Das konnte sie aber nicht allein, weil die Vorsorgevollmacht nicht
öffentlich beglaubigt war. Die Tochter regte daher eine Betreuung an, um das Hausgrundstück zu verkaufen.

Das Betreuungsgericht richtete eine Betreuung für den Aufgabenkreis der “Prüfung und Entscheidung über Verkauf oder Vermietung und Verwaltung der
Immobilie … sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung” an. Diesen Aufgabenkreis erweiterte das Betreuungsgericht später
noch um den Aufgabenkreis Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrer Bevollmächtigten. Betreuer wurde ein
Berufsbetreuer.
Die Schwester der Bevollmächtigten war mit der Veräußerung des Hausgrundstücks nicht einverstanden. Sie legte daher
Beschwerde und anschließend Rechtsbeschwerde ein, alles ohne Erfolg. Das eigenartige an dem Fall ist, dass sich die
bevollmächtigte Tochter gar nicht, aber dafür die andere Tochter erfolglos gewehrt hat.
Der BGH führte aus, dass eigentlich zunächst nur eine Kontrollbetreuung hätte eingerichtet werden dürfen. Erst wenn der Bedarf zur
Veräußerung des Hausgrundstücks auch wirklich besteht, kann eine weitergehende Betreuung eingerichtet werden. Da hier aber die
Vorsorgebevollmächtigte die Betreuung angereget hatte, soll die zu weit gehende Betreuung sofort wirksam sein. Das ist fraglich,
weil damit tief in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen eingegriffen wird.
Nicht begründet wird, wieso ein Berufsbetreuer bestellt wurde und nicht die Vorsorgebevollmächtigte selbst zur Betreuerin bestellt
wurde. Möglicherweise war sie zur Übernahme der Betreuung nicht bereit.
Der Fall ist untypisch. Es sieht danach aus, dass der BGH der nicht bevollmächtigten Tochter versagen wollte, sich für ihre Mutter zu
wehren, wenn die bevollmächtigte Tochter mit der Betreuung einverstanden ist. Die Begründung fällt dann auch überaus knapp aus,
so dass die Entscheidung Fragen hinterlässt. Wie wäre es besser gegangen? Wenn ein Grundstück vorhanden ist, sollte die
Vorsorgevollmacht bei der Betreuungsbehörde oder beim Notar beglaubigt oder beim Notar beurkundet werden. Ihr
VorsorgeAnwalt berät Sie dazu gern.