OLG Brandenburg: Keine allgemeine Verpflichtung zur ungefragten Information über seine Einkünfte

2. August 2021

Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB kann im Unterhaltsrecht bestehen, wenn ein unrichtig gewordener Unterhaltstitel in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise weiterhin durch den Berechtigten ausgenutzt wird. Es besteht aber keine allgemeine Verpflichtung des Berechtigten zur ungefragten Information über seine Einkünfte.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.3.2020 – 15 UF 164/18

  1. Der Fall

Der Vater nimmt seine im Oktober 1996 geborene Tochter auf Rückzahlung geleisteten Unterhalts für die Zeit von 10/2015 bis 09/2016 in Anspruch. Das AG hatte den Antrag des Vaters auf Rückzahlung von 624,72 EUR für die Monate 07/und 08/2016, sowie den Stufenantrag auf Auskunft über das Einkommen der Tochter abgewiesen. Dagegen wendet sich der Vater mit der Ansicht, hinsichtlich der in den Monaten 07/und 08/2016 geleisteten Zahlungen stehe ihm ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zu. Die noch im Studium befindliche Tochter habe sich auf ihren Unterhaltsanspruch eine Nebentätigkeit als Einkommen anrechnen lassen müssen und diese Einkünfte bewusst verschwiegen. Zudem zeige die Nebentätigkeit, dass sie das Studium nicht zielstrebig betreibe. Die Tochter habe die Hochschulausbildung abgebrochen und stattdessen eine Ausbildung gegen Bezahlung begonnen.

  1. Die Entscheidung

Das OLG Brandenburg ist der Auffassung, dass der Vater gegenüber seiner Tochter weder einen Anspruch auf Auskunft noch auf Rückzahlung des geleisteten Unterhalts habe. Es bestehe weder ein deliktischer Schadensersatzanspruch, noch lasse sich ein Anspruch über bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen nach §§ 812 ff. BGB begründen.

Die Tochter habe jedenfalls den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB erhoben, Umstände für eine verschärfte Haftung seien nicht dargelegt worden. Ein deliktischer Anspruch aus § 826 BGB bestehe im Ergebnis nicht. Im Unterhaltsrecht könne ein solcher Fall dann vorliegen, wenn ein unrichtig gewordener Unterhaltstitel in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise weiterhin ausgenutzt werde. Dem Berechtigten müsse die Unrichtigkeit bewusst sein und die Vollstreckung aus dem Titel in hohem Maße unbillig sein. Eine allgemeine Pflicht zur ungefragten Offenbarung veränderter Verhältnisse bestehe dabei nicht. Auch ein Auskunftsanspruch bestehe vorliegend nicht. Zwar sei gemäß § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB zwischen Verwandten gerader Linie grundsätzlich eine Auskunftspflicht gegeben, diese dürfe aber nicht zu einer allgemeinen Auskunftspflicht zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs ausgeweitet werden. Eine solche allgemeine Auskunftspflicht kenne das deutsche Recht nicht. Die Anspruchsgrundlagen für einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB habe der Vater nicht ausreichend dargelegt. Ein evident unredliches Verhalten lasse sich nicht aus dem Wechsel der Ausbildungsstelle herleiten. Für den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt komme es maßgeblich darauf an, ob das Studium zügig und konzentriert absolviert werde. Zu Beginn des Studiums werde dem Unterhaltsberechtigten eine Orientierungsphase zugebilligt. Ein Ausbildungswechsel könne dabei – wie im vorliegenden Fall – dann gerechtfertigt sein, wenn zwischen beiden Ausbildungen ein sachlicher Zusammenhang besteht. Durch einen solchen Ausbildungswechsel gehe der Unterhaltsanspruch nicht verloren, gleichfalls müsse der gewährte Unterhalt für die erste Ausbildung nicht zurückgezahlt werden.

Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung folge auch nicht aus dem Umstand, dass die Tochter aus Praktika Nebeneinkünfte erzielt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der in der Erstausbildung befindliche Unterhaltsberechtigte sich grundsätzlich vollumfänglich der Ausbildung widmen solle. Würden dennoch Nebeneinkünfte erzielt, stellten diese in der Regel überobligatorisches Einkommen dar. Ob dieses Einkommen dem Unterhaltsberechtigten angerechnet werde, bedürfe daher stets einer Einzelfallabwägung, die vorliegend zugunsten der Tochter ausfalle.

III. Der Praxistipp

Nach Auffassung des OLG Brandenburg besteht keine allgemeine Verpflichtung des unterhaltsberechtigten zur ungefragten Information über seine Einkünfte, allerdings könne sich eine solche Pflicht zur Offenbarung veränderter Verhältnisse dann ergeben, wenn die Beteiligten den Unterhalt durch Vereinbarung geregelt haben, der insoweit eine vertragliche Treuepflicht begründet wird, welche die Offenlegung unterhaltsrelevanter Veränderungen der Berechtigten begründet.