OLG Braunschweig: gemeinsame elterliche Sorge kein Instrument zur Verhinderung erzieherischer Alleingänge

5. September 2022

Schwerwiegende und nachhaltige Kommunikationsstörungen der Eltern, die nicht nur auf
einer grundlosen einseitigen Verweigerungshaltung eines Elternteils beruhen, stehen der
Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge in der Regel entgegen. Eine unzureichende
Information über Belange des Kindes rechtfertigt nicht die Begründung der gemeinsamen
elterlichen Sorge. Vielmehr ist der Informationsanspruch des nicht sorgeberechtigten
Elternteils gesondert in § 1686 BGB geregelt. Die gemeinsame elterliche Sorge ist kein
Instrument zur gegenseitigen Kontrolle der Eltern und zur Verhinderung erzieherischer
Alleingänge eines Elternteils. Ein Verfahrensbeistand ist nicht gehalten, sich im Rahmen
seiner Stellungnahme neutral gegenüber den Eltern zu verhalten, sondern gefordert, im
Interesse des Kindes Position zu beziehen. Es gehört nicht zu seinen Aufgaben, Ermittlungen
anzustellen, um die ihm gegenüber getätigten Angaben der Eltern auf ihren Wahrheitsgehalt
zu prüfen.


Az 1 UF 115/21 Beschluss vom 21.7.2022