VorsorgeAnwalt Blog

1. September 2017

Grundstücksübertragung ohne öffentlich beglaubigte Vollmacht?

Am 09.06.2017 fand das 6. Symposium des Instituts für Notarrecht der Georg-August-Universität in
Göttingen in Kooperation mit dem VorsorgeAnwalt e.V. statt. Dort warf der Notar Prof. Dr. Maximilian
Zimmer (Wernigerode/Harz) die Frage auf, ob man Grundstücke auch mit einer privatschriftlichen
Vorsorgevollmacht übertragen kann. Tatsächlich scheint dies möglich zu sein.
Im Ausgangspunkt ist eine Vollmacht formfrei nach § 167 Absatz 2 BGB:
§ 167 BGB Erteilung der Vollmacht
(1) Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu
Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.
(2) Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das
sich die Vollmacht bezieht.
Das heißt, dass man ein Grundstück mit einer privatschriftlichen Vollmacht kaufen oder verkaufen kann,
auch wenn der Kaufvertrag nach § 311b Absatz 1 BGB notariell beurkundet werden muss. Probleme
bereitet dann nur das Grundbuchverfahrensrecht.

Nach § 29 Abatz 1 GBO müssen die Eintragungsvoraussetzungen durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen
werden.

§ 29 Absatz 1 GBO
(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die
sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich
beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung
bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch
öffentliche Urkunden.
Dazu gehört auch der Nachweis der Vollmacht. Diese kann von der Betreuungsbehörde beglaubigt sein,
von einem Notar beglaubigt sein oder von einem Notar beurkundet sein. (Die Beglaubigung bei der
Betreuungsbehörde ist am günstigsten, die Beurkundung beim Notar kann in manchen Fällen auch
sinnvoll sein. Dazu berät Sie Ihr VorsorgeAnwalt gern.)
Wenn es keine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Vollmacht gibt, muss für den Kauf oder Verkauf
eines Grundstücks ein Betreuer bestellt werden, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig ist. Nun gibt
es aber einen Trick, der die Betreuung verhindert: Der Käufer kann den Verkäufer aus dem Kaufvertrag
auf Übereigung verklagen. Der Verkäufer kann diesen Anspruch anerkennen. Es ergeht ein
Anerkenntnisurteil (§ 307 ZPO). Dieses ist eine öffentliche Urkunde und genügt daher den
Anforderungen des § 29 Absatz 1 GBO. Nach § 894 ZPO gilt die im Auskunftsurteil tenorierte
Willenserklärung als abgegeben.

Die Besonderheit im Zivilprozess ist § 51 Absatz 3 ZPO. Danach genügt eine privatschriftliche
Vorsorgevollmacht zur Vertretung im Zivilprozess.

§ 51 ZPO Prozessfähigkeit; gesetzliche Vertretung; Prozessführung
(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger
Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer
besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des
bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften
enthalten.
(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.
(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine
andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so
steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet
ist, gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer
Betreuung entfallen zu lassen.
Dieser Weg ist nicht der günstigste Weg. Günstiger ist es, wenn die Vorsorgevollmacht rechtzeitig
öffentlich beglaubigt wird. Der Weg ist aber möglich, wenn andernfalls eine Betreuung eingerichtet
werden müsste. Es gibt bisher leider noch keine Erfahrungen, wie die Gerichte damit umgehen.